Leitantrag – Es geht durch Bawü ein Geflüster


Präambel

Der gesamtgesellschaftliche Rechtsruck ist, auch befeuert durch postfaktische Diskurse in den bürgerlichen Medien, allgegenwärtig.
Ob Militarisierung aller Lebensbereiche, unwidersprochene, offene Diskriminierung in Formen von Antifeminismus, Rassismus oder Antisemitismus– in Zeiten der Krise mobilisiert die herrschende Klasse für ihren Erhalt – durch imperialistische Bestrebungen bis hin zu konkret faschistischen Ambitionen.

In Baden-Württemberg äußert sich dies beispielsweise durch polizeiliche Repressionen – nicht nur in konkreter Gewalt auf Demonstrationen, sondern ebenso in der Einführung der KI-gestützten US-Software ‘Gotham’ von Palantir – einer faschistoiden Überwachungslösung, welche die Auswertung großer Datenmengen zur Beobachtung von Oppositionellen ermöglicht. Dies reiht sich ein in den Trend, Antifaschismus zu kriminalisieren. Systematische Videoüberwachung von Demonstrationen, willkürliche Personenkontrollen vor und nach Demonstrationen und prominente Observierungen sind nur der offensichtliche Teil ihrer Repressionen. Politisch aktive migrantisch gelesene Genoss:innen trifft dies besonders häufig, ohne deutsche Staatsbürgerschaft droht außerdem die Abschiebung.

Als größter sozialistischer Jugendverband in Baden-Württemberg ist es unsere Aufgabe, Gegenmacht zu organisieren, gegen die Vereinzelung zusammenzustehen und der Jugend zu zeigen, dass es noch Hoffnung gibt.

Parteiverhältnis

Dafür ist Vertrauen nötig. Vertrauen, das uns nicht unbegründet lange verwehrt blieb – als anerkannter parteinaher Jugendverband der Partei Die Linke waren unser Auftreten, unsere Positionierungen, unser Handeln von den Schatten der Partei verdeckt.
Eine Partei, deren Korrektiv wir sein wollen.
Eine Partei, die es nicht schafft, konsequent antimilitaristisch zu sein, die Organizing als Wahlkampfrekrutierung versteht und die Linksjugend [’solid] – sofern sie unseren vollständigen Namen überhaupt kennen – bestenfalls als Hilfe im Wahlkampf ansieht.
Damit muss endgültig Schluss sein! Der Großteil der Parteimitglieder ist unter 35 – und die [’solid] massiv gewachsen.
Wir erwarten, dass wir respektiert werden, dass mit uns auf Augenhöhe gesprochen wird und unsere Beschlüsse, welche wir als unabhängiger Jugendverband ungeachtet der Parteipositionen treffen, als solche anerkannt und beachtet werden, nicht nur als Debattenanstoß parteiintern, sondern vielmehr auch in Pressestatements. Unsere Positionen zu delegitimieren, weil sie nicht der Parteipositionierung entsprechen, verkennt unsere Realität als unabhängiger, parteinaher Verband. Unser Ziel ist ein kritisch-solidarischer Umgang mit der Landespartei. Wenn die Linksjugend [’solid] allerdings öffentlich unsolidarisch untergraben wird, in der Hoffnung, dadurch die Gunst der bürgerlichen Medien und somit mehr Stimmen zu erhalten, kann nicht erwarten, dass wir dann trotzdem für sie Wahlkampf machen, sondern muss mit klaren Konsequenzen rechnen. Wir ermutigen alle Basisgruppen, selbstbewusst ihren Kreisverbänden entgegenzutreten und sich von erfahrenen Parteikadern nicht kleinreden zu lassen. Dazu können sie jederzeit auf die volle Unterstützung des LSp:R zählen.

Aus all diesen Gründen suchen wir die Debatte und unterstützen junge Kandidat:innen bei Kandidaturen – sei es für Parteiämter oder Parlamentsmandate. Die PdL hat das Potenzial, als organisierende Plattform der Arbeiter:innenklasse zu fungieren. Auf dem Weg dahin wollen wir sie konstruktiv, mit kritischer Distanz, begleiten.

Für einen solidarischen Jugendverband

Gesellschaftliche Schlagkraft braucht Solidarität – im Betrieb, auf der Straße, in der Schule, im Studium und auch im Verband. Über notwendige Debatten, welche Strategien wir vertreten, wie wir öffentlich auftreten, welche Inhalte wir vertreten, verlieren wir zu oft aus dem Blick, dass wir gemeinsam kämpfen. Wir sind ein pluralistischer Verband, und damit gehen Herausforderungen, aber vor allem Chancen einher. Vielfältige Perspektiven fördern unsere Kreativität und Schlagkraft. Denn wir alle haben uns dazu entschieden, aktiv zu werden. Nicht bei systemaffirmativen Parteien, nicht bei bürgerlich liberalen NGOs, sondern im größten sozialistischen Jugendverband Deutschlands. Durch den Fokus auf unsere Differenzen übersehen wir oft unsere Einigkeit. Das belastet nicht nur die Stimmung im Verband, sondern hemmt auch unser Potenzial.
Deshalb möchten wir uns auf das Verbindende konzentrieren und im nächsten Jahr gemeinsam Kampagnen organisieren, Bildungsangebote realisieren und gemeinsam Seite an Seite kämpfen, bis wir alle frei sind.

Awareness ist kein Nice-To-Have

Funktionierende Awarenessstrukturen sind eine grundlegende Voraussetzung dafür, unserem Anspruch als inklusiver, emanzipatorischer, feministischer Jugendverband gerecht zu werden. Der XVIII. Bundeskongress ging ohne die Wahl eines Bundeswarenessteams zu Ende, in Baden-Württemberg gab es die letzten Monate ebenfalls kein Landesawarenessteam. Wir bleiben damit hinter unseren Ansprüchen zurück – Basisgruppen mit dem Aufbau von Awarenessstrukturen alleine zu lassen, einfach hinzunehmen, dass es mancherorts auf keiner Ebene Strukturen gibt, darf nicht die Norm sein. Deshalb ist Awarenesssensibilisierung kein „Nice to have“ oder eine formale Notwendigkeit, sondern höchste Priorität! Regelmäßig angebotene Awarenessschulungen und Handreichungen für Basisgruppen sind das Minimum, welches wir unseren Strukturen bereitstellen müssen. Awareness bedeutet jedoch nicht nur Schulungen und ausreichend Genoss:innen zu finden, welche bereit sind, Awarenessarbeit auf sich zu nehmen, sondern aktiv daran mitzuwirken, dass wir alle bewusster miteinander umgehen.

Zu all dem gehört auch, dass wir alle Awareness-Sachverhalte innerhalb dieses Verbands konsequent behandeln und aufzuarbeiten haben.

FLINTA*-Strukturen aufbauen!

Der Landesverband Baden-Württemberg stellt sich entschieden gegen Bestrebungen in der Linksjugend [’solid] auf Bundesebene, den gemeinsamen Kampf widerständiger Geschlechter gegen das Patriarchat zu spalten. Wir lehnen die Spaltung widerständiger Geschlechter durch die Einführung von politischen Räumen, welche aufgrund ihrer Eingrenzung auf spezifische Geschlechtsidentitäten nicht allen FLINTA* offen stehen, entschieden ab.
Im nächsten Jahr wollen wir FLINTA*-Strukturen über die Ebene der Basisgruppen hinaus etablieren. Dazu fordern wir den künftigen LSp:R auf, gemeinsam mit der AG FLINTA*, welche ausschließlich und allen FLINTA* offen steht, ein FLINTA* Programm zu erarbeiten.

Klassenkampf braucht Bildung!

Die Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg ist, besonders im Rückblick auf die Bundestagswahl, massiv gewachsen. Viele Basisgruppen sind noch kein ganzes Jahr alt. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. Etliche stehen am Anfang ihrer Politisierung, trotzdem wird leider oft Theoriewissen vorausgesetzt, um sich an politischen Prozessen aktiv beteiligen zu können. Dadurch entstehen Wissenshierarchien und auch Hemmnisse, sich an Plena mit entsprechend wahrgenommener Selbstwirksamkeit zu beteiligen.
Als basisdemokratischer, emanzipatorischer Jugendverband wollen wir dem entgegenwirken, indem wir Bildungsangebote für diesen bereitstellen.
(Theorie-)Workshops für FLINTA* stellen wir dabei in den Fokus.
Dies realisieren wir 2026 mit mindestens einer mehrtägigen Bildungsveranstaltung. Dazu sucht der LSp:R für potenzielle landesverbandsübergreifende Formate mit angrenzenden Landesverbänden (Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern) den Austausch und berichtet dem Landesverband, insbesondere auf den Landesmitgliederversammlungen 2026, von seinen Bemühungen und den Ergebnissen.

Die Unterdrückung bekämpfen!

Die Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg versteht sich als antirassistische Organisation. Sie erkennt an, dass Rassismus nicht allein eine gesamtgesellschaftliche und systemische Frage ist, sondern auch in Parteistrukturen und dem Jugendverband Barrieren bestehen und diskriminierende Narrative reproduziert werden.

Insbesondere marginalisierte Genoss:innen berichten immerzu von Erfahrungen der Unterrepräsentation, mangelnder Wertschätzung und lückenhafter Aufarbeitung von Konflikten.
Dabei wird immer wieder deutlich, dass weiterhin strukturelle Differenzen im Verhältnis zu Antirassismus bestehen.
Dies sehen wir besonders in einer Dominanz nicht-migrantischer Personen in funktionstragenden und repräsentativen Positionen, aber auch, wenn es um unsere Bündnispartner:innen und Organisationen oder um Referent:innen bei verschiedensten Veranstaltungen geht.

Die Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg verpflichtet sich als sozialistische Bewegung, welche für eine Befreiung aller Unterdrückten kämpft, Sensibilisierungsarbeit zu fördern und geschützte Räume für Betroffene zu schaffen.
Eine antirassistische Theorie ist essenziell für einen internationalistischen Verband, welcher gegen Imperialismus und Militarismus agiert.
Schlussendlich muss unsere Organisation diese Praxis innerhalb des Verbands verteidigen, aber auch in unsere Utopie gesellschaftlicher Transformation tragen.
Es gilt, diskriminierende Umstände klar zu benennen, aktiv zu bekämpfen und Räume zu schaffen, in denen alle frei von Angst und Repressionen handeln können.

Wir blicken auch deshalb mit großer Sorge auf den gesellschaftlichen und systemischen Wandel, welcher sich in seiner Repression zuspitzt.
Deshalb macht auch unser Jugendverband es sich zur Aufgabe, institutionellen Rassismus, z.B. in Form von rassistischem Profiling an Bahnhöfen oder Bahn- und Straßenkontrollen, zu bekämpfen und diese Umstände abzubauen.
Wir wollen eine Welt, in der gesellschaftliche Debatten nicht von Fremdenfeindlichkeit geprägt sind, niemand abgeschoben wird, Bezahlkartensysteme keinen Platz finden und die stetige Militarisierung aufhört, denn sie sorgt nur für Leid, Verlust, Gewalt und Vertreibung.

Die Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg sieht sich in dieser Verantwortung, denn die Unterdrückung hört erst auf, wenn sie es für alle gleichermaßen tut.

Arbeitsschwerpunkte 2026

Unser Fokus liegt im Jahr 2026 auf der Mobilisierung und Organisation von Widerstand gegen die Militarisierung der Gesellschaft, gegen jegliche Formen der Wehrpflicht und Zwangsmusterung. Wir sterben nicht für einen kapitalistischen, imperialistischen Staat, für welchen wir außer unserer Arbeitskraft keine Relevanz haben – für welchen wir nichts als “Humankapital” sind, welches es schlau zu investieren gilt. Dazu engagieren wir uns in Bündnissen und bauen, wo nötig, neue auf. Basisgruppen können dabei auf die Unterstützung des Landessprecher:innenrates vertrauen.

Des Weiteren mobilisieren wir gegen den Rechtsruck, welcher untrennbar mit der fortlaufenden globalen Militarisierung verbunden ist. Dabei arbeiten wir deutlich heraus, dass sich die fortschreitende Etablierung rechten Gedankenguts nicht einzig auf die AfD reduzieren lässt. Trotzdem beteiligen wir uns, sofern es taktisch klug ist, an bürgerlichen gesellschaftlichen Bündnissen gegen Rechts, sofern wir unsere eigenen Positionen klar und unmissverständlich einbringen können.

Für die Landtagswahl wenden wir Ressourcen maßvoll auf, um unsere Inhalte beispielsweise auf Podiumsdiskussionen oder ähnlichen Veranstaltungen zu vertreten.
Darüber hinaus erkennen wir die Notwendigkeit, in die Partei zu gehen und dort nachhaltig zu wirken.

Wir bleiben laut, wir bleiben konsequent, wir bleiben immer sozialistisch und wir hören nicht auf zu kämpfen,
bis wir alle frei sind!